Geschichte des Schwyzerkäses nach Josef Annen

Geschichte des Schwyzerkäses nach Josef Annen sen.

(geboren 1923) Käsermeister und Hobby-Historiker

 

Ist der Schwyzerkäse der älteste im Land?
Versuchen wir einmal sein Alter, seine Herkunft und seine Bedeutung zu suchen.

Mitteilung des Historischen Vereins des Kantons Schwyz, Heft 36:

Schwyz und der Verkehr des St.Gotthard von Martin Ochsner, Ständerat 1929.

 

Seite 29 lesen wir:
1471 erfolgte die Verurteilung des Grafen Rusconi, der dem Nikolaus Stoss von Schwyz für diesem vor zwanzig Jahren beschlagnahmte 800 Käse 230 Florin zu vergüten hatte. In den Jahren 1538 bis 1546 handelte der Einsiedler Kaufmann Joachim Weidmann hunderte von Käsen ein, von denen er nach Konstanz, die Grosszahl jedoch nach Brunnen säumen liess, um von da die Weiterfuhr über den St.Gotthard anzutreten.

 

Seite 30:
Die Abrechnung Zoll in SchindellegiSZ (11. März 1681) folgende Notizen: Dem Vogt Kälin zuo Einsiedeln wegen 344 Käsen Zoll für sich so uns soviel bezahlt. Hans Martin Schuoller am Sattel von 35 1/2 Saum Käses der Zoll Gl1ß31 (Staatsarchiv Schwyz). Ein Saum sind 3 Zentner (à 50kg).

 

Bis zur Franzosenzeit 1798/99 lesen wir all die Jahre hindurch im Heft 18 von einem regen Käsehandel.

 

Mitteilung des Historischen Vereins des Kanton Schwyz
Heft 18: Oberallmende bis Ende des 15. Jahrhunderte von Dr. Martin Reichlin.
Seite 11: Die Schwyzer werden nach der Zeit der Schlacht am Morgarten als Hirtenvolk geschildert.
Seite 12: Urbar Kloster Einsiedeln Anfang 13. Jahrhundert 50 Güter im Lande Schwyz (innerer Kantonsteil) zinsten dem Kloster mit Produkten aus der Viehzucht: Käse, Ziegen und Häute, kleine Feldfrüchte.

 

Mitteilung von Josef Annen
Vor dem Aufkommen der Talkäsereien, von welchem die mehreren im Kanton Schwyz Schwyzerkäse herstellten, hatten die mehreren Bauernhöfe Gelegenheit und Einrichtungen zum Käsen. Im Frühling vor der Alpfahrt verkästen zwei bis drei Bauern gemeinsam ihre Milch. Ab Ende des neunzehnten Jahrhunderts begegnen wir der Gründung der Talkäsereien im Kanton Schwyz. Nicht nur im inneren Kantonsteil wurden Schwyzerkäse gemacht, auch in der March, Höfe, Einsiedeln (Klostersennerei Sihltal), sogar im Ägerital, Kanton Zug. Dass der Schwyzerkäse ein altherkömmlicher, aus Tradition hergestellter Käse aus dem Kanton Schwyz seit Urzeiten ist, kann man aus den zwei beiliegenden Zeitungsausschnitten entnehmen:

 

Schweizerische Milchzeitung, Freitag 20. Mai 1955
Nach K. Gutzwiller sind „das Ländchen Schwyz und Greyerz vermutlich die ältesten Gebiete der Labkäserei in der Schweiz. Im Greyerzerland mag sie auf römische Kolonisten zurückgeführt werden, im Ländchen Schwyz auf Senntenbauern, welche auf ihren Welschlandfahrten in Italien Gelegenheit hatten, die Parmesankäserei kennen zu lernen. Die Bezeichnung «Schwizerkäse», die uns 1561 in den Urkunden begegnet, deutet auf einen harten, runden Labkäse hin, der in der ersten Hälfte des 16.Jahrhunderts dieselbe Verbreitung fand wie im 19.Jahrhundert der Emmentalerkäse.

 

Sicher ist, dass der Käse das wichtigste Transportgut des Gotthardpasses und damit auch die beste Verdienstquelle der Säumer und Fuhrleute war. Die Fuhrlöhne für Käse waren zwar durchwegs etwas niedriger als vor allem diejenigen für die Stuckgüter; dafür war die Verantwortung des Käsefuhrmanns geringer und die Ladungsmöglichkeit viel grösser. Nicht nur für den Fuhrmann, sondern auch für den Fiskus des Kantons Uri war der innerscheizerische Käseexport von sehr grosser Bedeutung: 1835-1838 lieferte er bei einem Anteil von 47% des gesamten Verkehrsvolumens 34.5% sämtlicher Zolleinnahmen.

 

Freilich verkauft man seit den letzten Jahren die Butter fast nicht unter 4 1/5 Batzen das Pfund; so dass man sagen kann, die Bauern wissen ihre Rechnung ganz gut zu treffen. Sie machen aber weniger Butter damit sie ihn desto teurer verkaufen können, denn den Käse können sie alt werden lassen und in das Ausland hoch genug verkaufen. Und die Teuerung der Butter nimmt auch darum zu, weil immer mehr und mehr Zins-Küher aufkommen, die das Vieh zu ihrer Bergfahrt in Pacht nehmen; die Viehbesitzer aber stets einen stärkeren Zins fordern.

 

Der fette Käse wird aus ganzer Milch bereitet, auf welcher der Rahm noch stehet. Der magere Käse hingegen aus Milch, von welchem der Rahm abgenommen ist. Nur allein zu dem Fätscherin (Vacherin), wenn er recht gut sein soll, wird ein Drittel Rahm und zwei Drittel abgenommene Milch gebraucht. Der Mittelpreis eines Centners Saanenkäses ist jetzt im Lande selbst an 2 1/2 Louisd‘or, das Pfund 4 bis 5 Batzen. Und recht guten bezahlt man auch 6 und 7 Batzen das Pfund. Seit 1930-1960 hat sich der Preis des Käses mehr als verdoppelt, und mit ihm der Preis der Wiesen.

 

Schweizerische Milchzeitung, Freitag 15. Januar 1960
Von Alpen und ausgehenden Weiden weiss die Chronik des Klosters Einsiedeln schon aus dem Jahre 965 zu berichten. Dort wird zum ersten Mal Käse – jedenfalls Sauerkäse – als Zins für Grund und Boden ausdrücklich erwähnt. Bald nach der Schlacht am Morgarten setzte bereits ein reger Verkehr ein mit gealptem Jungvieh über den Gotthard nach Italien. Auf den Sieg von Sempach (1386) folgte ein tiefgreifender Umschwung vom Ackerbau und Jungviehzucht auf Kuhalpung und Milchwirtschaft. Die Kornversorgung für die Urkantone war durch Luzern und Zürich gesichert. Viehandel und Käseexport über den Gotthard brachten dem Urschweizer grösseren Gewinn als Getreidebau. Den Frühling einer in grösserem Umfang betriebenen Labkäserei erlebten die Schwyzeralpen kurz nach 1500. K.Gutzwiller vertritt die Ansicht, Schwyz und Greyerz seien die ältesten Gebiete der Labkäserei in unserer Heimat. Auf den Alpen waren die Unterkunft und Schlafgelegenheiten oft alles andere als menschenwürdig. Die ausgesprochen einseitige Kost bestand aus roher und gekochter Milch, Sirtenzieger, Zieger in heisser Milch, Käse, Bratkäse und Bratzieger, Butter und geschwungener Nidel. Später kam in bescheidenem Rahmen das Brot hinzu. Mit dem Mehl fanden der «Fänz», «Stunggenwerni»und auch das «Kollermus» Eingang in unsere Alpen. Allerdings war die Ernährung auch jetzt noch viel zu fett, zu eiweissreich und brachte gegen Herbst nicht selten Verdauungsprobleme.
Trotz allem ist die heutige Generation der Schwyzerbauern der Viehzucht und der Milchwirtschaft – wenn auch in zeitgemässer Form – treu geblieben.

 

 

Quellen: Mitteilung des historischen Vereins des Kantons Schwyz (MhVSZ)
Schweizerische Milchzeitung